TotalesVerbotvonBleiinMunitiongeplant

Das Verbot von Bleischrot bei der Jagd auf Wasservögel, das in Österreich am 1.Juli 2012 in kraft getreten ist, war nur der Anfang. Am 25.Jänner 2021 wurde die umstrittene Verordnung der EU-Kommission zur Änderung der REACH-VO betreffend bleihaltiger Schrotmunition in oder in der Nähe von Feuchtgebieten im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht.

Die Mitgliedsstaaten müssen nun unverzüglich und jedenfalls bis zum 15.August 2023 den Wortlaut der von ihnen erlassenen nationalen Maßnahmen bekanntgeben. Die Zeit drängt und es wird notwendig und zweckmäßig sein, dass die Jagdverbände mit den Regierungen zusammenarbeiten um tragbare Lösungen zu erarbeiten.

Doch das ist erst der Anfang vom Ende. Vom Ende der Verwendung von Blei. Ein totales Verbot von Blei in Munition (und nicht nur dort!) ist geplant. Die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) hat bereits angekündigt, dass es im heurigen Frühjahr (im März/April 2021!) eine Öffentliche Konsultation eines weiteren Vorhabens geben wird: Blei soll in Munition, Angelgeräten usw. völlig verboten werden. Dieses Vorhaben soll im Annex XV der REACH-VO umgesetzt werden. Diese Produkte dürfen dann weder in Verkehr gebracht noch verwendet werden, das Verbot soll sich also nicht nur auf Feuchtgebiete erstrecken.

Bei Schrotpatronen soll es eine fünfjährige Übergangsfrist geben. Da das Verbot außer Jagd- auch Sportpatronen betrifft und die derzeitigen (ein Schelm, der aus dem Wort „derzeitig“ den Wunsch nach Änderung ableitet!) olympischen Vorschriften für bestimmte Disziplinen die Verwendung von Bleischrot vorsehen, hat die ECHA auch eine fakultative Ausnahmeregelung für die Verwendung von Bleischrot für den Schießsport vorgesehen: Sie soll nur unter strengen Bedingungen und wenn Freisetzungen in die Umwelt minimiert werden, in Betracht gezogen werden. Was immer das konkret heißen mag!

Das Verbot von großkalibrigen Büchsenpatronen (gemeint sind offenbar Patronen mit Zentralfeuerzündung) mit bleihaltigen Geschossen soll mit einer Übergangsfrist von 18 Monaten in kraft treten, das Verbot von Kleinkaliberpatronen mit einer Übergangsfrist von fünf Jahren. In beiden Fällen soll es für den weiteren Einsatz bleihaltiger Geschosse Ausnahmen geben, wenn Freisetzungen in die Umwelt minimiert werden, beispielsweise wenn Sportschießstätten mit entsprechenden Geschoßfängen ausgestattet sind.

Die am Papier und vor allem für Nichtfachleute vielleicht nachvollziehbaren Ansätze („Blei ist giftig, belastet die Umwelt und die Verwendung muss daher verboten werden!“) täuschen darüber hinweg, dass der Ersatz dieses Metalls ohne andere Nachteile kaum möglich ist. Auf die Frage der Toxizität, der Möglichkeit von Gesundheitsschädigungen, der Wasserlöslichkeit usw. soll hier gar nicht eingegangen werden.

Der Reihe nach:

Bereits mit dem Verbot von Bleischrot bei der Jagd auf Wasservögel hat sich bestätigt, dass die Folgen in mehrerer Hinsicht negativ sind: Die erforderlichen Schussdistanzen sind deutlich kürzer, die Wirkung auf das Wild in den meisten Fällen (auch jagdethisch) unbefriedigend, die Gefahr durch Geller ist eklatant größer, in vielen Fällen sind die bisher verwendeten Flinten nicht oder nur bedingt für die Verwendung des alternativ angebotenen Stahlschrotes geeignet.

Bei Sport-Schrotpatronen enthalten die EU-Vorgaben bereits selbst die Antwort auf die Probleme der Umsetzung: Solange weltweit (!) in allen Staaten, auch bei den Olympischen Spielen Bleischrot verwendet wird, ist ein Alleingang der Europäischen Union diskriminierend für unsere Flintenschützen. Vor allem die nicht nachweisbare Umweltbelastung durch Schrotablagerungen auf Schrot-Schießplätzen stellt den Handlungsbedarf als solchen in Frage.

Bei Büchsenpatronen scheint die Umsetzbarkeit am ehesten gegeben zu sein. Die bisherigen Erfahrungen haben zwar gezeigt, dass es eine Änderung der Jagdpraxis vor allem auf die Schussdistanzen geben kann, die Wirkung auf Wild ist im Wesentlichen akzeptabel. Ein Problem dürfte nur die viel zu kurze, realitätsfremde Übergangsfrist zu sein. Es sollte genügend Zeit geben, vorhandene Munition umweltgerecht zu entsorgen, also zu verschießen.

Bei Randfeuerpatronen will man sich offenbar mit einer langen Übergangsfrist von fünf Jahren aus der Problemzone retten: Welches Material soll und kann das bei Randfeuerpatronen verwendete Solid-Geschoß aus Blei ersetzen? Es geht hier um mehr als das spezifische Gewicht, es geht darum, dass die neu zu entwickelnden Geschosse überhaupt in den millionenfach verwendeten Waffen – Langwaffen wie Kurzwaffen – verwendet werden können. Das sind Fragen, auf die es derzeit noch nicht einmal den Ansatz einer Antwort gibt.

Dr. Jürgen Siegert


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